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24. X. 13

Brief von Frau I. M. mit einlenkendem Inhalt.

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Wienerisches: Des morgens ¾8h erscheint die Tochter des Tischlers wegen des Geldes. Ich erfahre, daß sie bereits zum 4. mal erscheint u. mache ihr einen Skandal, freilich nicht ohne ihr das Geld einzuhändigen. Vier Wochen ließ mich der Tischler warten u. alle meine telephonischen Anfragen u. Zuschriften haben nichts bewirkt. Endlich werden die Sessel gebracht, ohne daß ich vorher verständigt wurde. Die Tochter wird nicht müde, viermal den weiten Weg zu machen, um das Geld in Empfang zu nehmen. Als ich ihr die Vorstellung mache, daß ja eine einfache Correspondenzkarte mit Mahnung denselben Dienst getan hätte, begann sie – u. darin liegt die verworfene wienerisch-orientalische Manier – beinahe weinend zu versichern, daß ihr Vater ja arm sei u. Geld brauche, u. s. f. Es wird dem wienerischen Tischler wohl nicht beizubringen sein, daß er der Armut halber verpflichtet war, die Sessel rechtzeitig zu liefern, jedenfalls früher, als er es getan hat u. daß diese Pflichtleistung jedenfalls anständiger gewesen wäre, als sich hinterdrein mit Armut zu entschuldigen, da er das Geld in einem rascheren Tempo verlangt, als er die Leistung geliefert.

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Gärtner macht mir die Mitteilung, daß er selbst von Dr. Graf die Aeußerung gehört ha tbe: „Ich bin zwar nicht mit allem einverstanden, – aber ich muß sagen, daß ich von Schenker viel gelernt habe.“ Welche unsägliche Verschmitztheit!!, vor jüngeren Collegen, die mich persönlich nicht kennen, ein angebliches „Gelernt-haben“ auszuspielen, um sich auf meine Kosten die seine Autorität vor I ihnen zu stärken lassen. In op. 110 soll ihm die Antwort darauf werden.

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Dr. Brünauer meinte, als ich ihm den Peters Brief zeigte, daß ich ja alle 10–12 Sonaten ohneweiterses in einem Jahre machen könnte; u. er ließ sich von dieser Idee nicht abbringen, trotzdem ich auf 11 Schüler, op. 110, II2 u. s. w. hinwieß [sic]! So wenig {454} Vorstellung hat der eigene ein langjähriger Schüler von all’ dem sich erobert, was zu solchen Arbeiten gehört!

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© Transcription Marko Deisinger.

October 24, 1913.

Letter from Mrs. I. M. with peaceable content.

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Typically Viennese: at 7:45 in the morning, the carpenter's daughter appears on account of the money. I learn that she has already appeared for the fourth time and I lecture her, admittedly without handing over the money to her. The carpenter had kept me waiting four weeks, and all of my telephone enquiries and written messages were of no avail. Finally, the chairs were brought without my being informed in advance. The daughter is not tired of making the long trip four times in order to take receipt of the money. When I made the suggestion that a simple postcard with a reminder would have achieved the same result, she began – and herein lies the depraved Viennese-oriental manner of doing things – to assure me, almost in tears, that her father is, indeed, poor and needed the money, etc. It will probably not be of much use to tell the Viennese carpenter that, on account of his poverty, he was obligated to dispatch the chairs promptly, at any rate earlier than he did, and that this fulfillment of his duties would have been more proper than to excuse himself under the pretense of poverty by demanding his money more quickly than he delivers his goods.

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Gärtner informs me that he himself has heard the following statement from Dr. Graf: "I am not actually in agreement with everything – but I must say that I have learned much from Schenker." What unspeakable mischievousness!! To play out, in front of younger colleagues who do not know me personally, a supposed "having learned" in order to strengthen his authority at my expense. In Op. 110 he shall have an answer to it.

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Dr. Brünauer thought, when I showed him my letter to Peters, that I could easily do all ten or twelve sonatas within a year; and he could not let go of this idea, in spite of my having pointed to eleven pupils, Op. 110 , and the second volume of Counterpoint , etc.! So little {454} idea has a long-standing pupil of mine understood of all that must go into such works!

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© Translation William Drabkin.