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29. VI. 15

Der Regen hält erfreulicherweise in unverminderter Stärke an; es ist, als müßten wir ihn der Erde u. allen Pflanzen von Herzen gönnen u. unsere freudig erregte Teilnahme ihnen gegenüber irgendwie zum Ausdruck bringen. Wie weise war aber Gott, da er Menschen u. Tiere in eigene Sprache u. Mitteilungskreise bannte, ohne ihnen möglich zu machen, daß sie sich über diese Kreise hinaus mit einander verständigen. Gereicht es de nr Menschheit zum Nachteil daß innerhalb dieser Kreise die Sprache so viele Nüançen aufweist, wie groß würde das Unglück erst anwachsen, wenn sich mit den Menschen nicht nur die Tiere, sondern alle übrigen Schöpfungen der Natur verständigen könnten! Es scheint, als würde der Schöpfer aller Welten den auf der gegenwärtigen Grundlage eingeleiteten Kampf Aller gegen Alle selbst nicht mehr überbieten können u. er hütete sich daher wohlweislich, den Menschen die Möglichkeit zu schenken, Blumen u. Bäume zu verstehen. Dennoch aber regt es sich im Menschen zu empfinden, er sei ein Teil der Natur u. in dunklen Ahnungen u. Gefühlen drängt es ihn, so gut als er es eben kann, auch den übrigen Erscheinungen der Natur näherzutreten. Wie litten wir mit dem Boden, der in den Wäldern so starke Risse zeigte, mit dem Laub, das so traurig von den Zweigen herabhing u. wie glücklich waren wir, als das erste Nass den Durst der Natur zu löschen begann!

*

Lie-Liechen packt bei mir ein. — Karte an Tante mit Mitteilung des Ergebnisses von Kautzen. — Angabe der neuen Adresse an das Post(amt)-Zeitungsamt. — An Breisach. —

*

{969} Frau Pairamall übersendet einige „Lied-Kompositionen“ ihrer Tochter.

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© Transcription Marko Deisinger.

June 29, 1915.

The rain happily persists in undiminished strength; it is as if we had to credit it sincerely for the earth and all its plants and somehow to give expression to our joyfully aroused sympathy for these things. How wise, however, was God to have captured people and animals in their own languages and circles of communication, without making it possible for them to understand each other beyond these circles. If it has come about to humanity's detriment that language exhibits so many nuances within this circle, how much greater would be the misfortune if not only animals but also all the other creations of nature could make themselves understood to people! It seems as if the Creator of all worlds could himself not outdo the struggle of everyone against each other introduced on the present basis, and He thus wisely guarded giving people the possibility of understanding flowers and trees. Nonetheless, man is motivated to feel that he is a part of Nature; and in dark premonitions and feelings he is compelled as much as possible to get closer even to the other manifestations of Nature. How much we suffered on account of the ground that revealed such deep fissures in its forests, with the foliage that drooped so sadly from the branches. And how happy we were when the first water began to quench Nature's thirst!

*

Lie-Liechen packs at my place. — Postcard to my aunt with report of our trip to Kautzen. — Notification of the new address given to the post office and newspaper distributor. — [Message] to Breisach. —

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{969} Mrs. Pairamall sends some "song compositions" by her daughter.

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© Translation William Drabkin.

29. VI. 15

Der Regen hält erfreulicherweise in unverminderter Stärke an; es ist, als müßten wir ihn der Erde u. allen Pflanzen von Herzen gönnen u. unsere freudig erregte Teilnahme ihnen gegenüber irgendwie zum Ausdruck bringen. Wie weise war aber Gott, da er Menschen u. Tiere in eigene Sprache u. Mitteilungskreise bannte, ohne ihnen möglich zu machen, daß sie sich über diese Kreise hinaus mit einander verständigen. Gereicht es de nr Menschheit zum Nachteil daß innerhalb dieser Kreise die Sprache so viele Nüançen aufweist, wie groß würde das Unglück erst anwachsen, wenn sich mit den Menschen nicht nur die Tiere, sondern alle übrigen Schöpfungen der Natur verständigen könnten! Es scheint, als würde der Schöpfer aller Welten den auf der gegenwärtigen Grundlage eingeleiteten Kampf Aller gegen Alle selbst nicht mehr überbieten können u. er hütete sich daher wohlweislich, den Menschen die Möglichkeit zu schenken, Blumen u. Bäume zu verstehen. Dennoch aber regt es sich im Menschen zu empfinden, er sei ein Teil der Natur u. in dunklen Ahnungen u. Gefühlen drängt es ihn, so gut als er es eben kann, auch den übrigen Erscheinungen der Natur näherzutreten. Wie litten wir mit dem Boden, der in den Wäldern so starke Risse zeigte, mit dem Laub, das so traurig von den Zweigen herabhing u. wie glücklich waren wir, als das erste Nass den Durst der Natur zu löschen begann!

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Lie-Liechen packt bei mir ein. — Karte an Tante mit Mitteilung des Ergebnisses von Kautzen. — Angabe der neuen Adresse an das Post(amt)-Zeitungsamt. — An Breisach. —

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{969} Frau Pairamall übersendet einige „Lied-Kompositionen“ ihrer Tochter.

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© Transcription Marko Deisinger.

June 29, 1915.

The rain happily persists in undiminished strength; it is as if we had to credit it sincerely for the earth and all its plants and somehow to give expression to our joyfully aroused sympathy for these things. How wise, however, was God to have captured people and animals in their own languages and circles of communication, without making it possible for them to understand each other beyond these circles. If it has come about to humanity's detriment that language exhibits so many nuances within this circle, how much greater would be the misfortune if not only animals but also all the other creations of nature could make themselves understood to people! It seems as if the Creator of all worlds could himself not outdo the struggle of everyone against each other introduced on the present basis, and He thus wisely guarded giving people the possibility of understanding flowers and trees. Nonetheless, man is motivated to feel that he is a part of Nature; and in dark premonitions and feelings he is compelled as much as possible to get closer even to the other manifestations of Nature. How much we suffered on account of the ground that revealed such deep fissures in its forests, with the foliage that drooped so sadly from the branches. And how happy we were when the first water began to quench Nature's thirst!

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Lie-Liechen packs at my place. — Postcard to my aunt with report of our trip to Kautzen. — Notification of the new address given to the post office and newspaper distributor. — [Message] to Breisach. —

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{969} Mrs. Pairamall sends some "song compositions" by her daughter.

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© Translation William Drabkin.