22. 15°, heftiger Gewitterregen, gegen Mittag Aufheiterung.
— Um 4h früh auf, treffen bei der Westbahn 1 um ¾7h ein, wo auch Hans versprochenermaßen sich eingefunden; erste Enttäuschung über den Fahrplan: es stellt sich heraus, daß uns ein Schnellzug überhaupt nicht zur Verfügung steht, nur ein beschleunigter Personenzug; es gelingt uns, in der II. Klasse zu Plätzen zu kommen. — Kirchberg! Kein zweites Frühstück erhältlich! Besichtigen das einzige in Frage kommende Zimmer; erfahren von der Wirtin, ohne uns zu verraten, die näheren Verhältnisse, die durchaus nicht einladend sind. Butter u. Eier seien nicht zu haben, zum Frühstück, zur Jause könnte sie nichts geben usw. Wir essen zu Mittag nicht gerade schlecht, wohl aber quantitativ unzureichend, besonders auch darum, weil keine Mehlspeise da ist. Nach Tisch zweite Enttäuschung über den Fahrplan: der nächste Zug gehe erst gegen ½7h abends – wir treten daher aus Not einen Spaziergang an, bei bestem Wetter u. in der Hoffnung, irgendwo zu landen, wo wir etwas zu uns nehmen oder uns zumindest mit einem Vorrat versehen könnten. So, von Station zu Station wandernd, gelangen wir bis Mainburg, nachdem wir an einer früheren Stelle einen schwarzen Café genossen hatten. Bei der Haltestelle lassen wir uns in Gespräche ein zunächst mit einer Einheimischen, die uns die traurige Verhältnisse darlegt, dann mit einer offenbar wohlhabenden Dame, die, wie sie uns erzählt, einiges aus Wien für ihre in einer Anstalt weilende kranke Tochter mitgebracht hat. Auch diese klagt über das schlechte Betragen der Bauern, die nichts hergeben wollen. In St. Pölten steigen wir in den bereitstehenden Personenzug ein; während wir saßen kam ein zweiter ebenfalls für Wien bestimmter Zug; nach einigen Erkundigungen steigen wir um, um früher anzukommen. Um 11h zuhause, nehmen das Abendessen ein, bleibe auch bei Lie-Liechen. —© Transcription Marko Deisinger. |
22 15°, heavy thundershowers, clearing up around noon.
— Get up at 4 a.m., at the West Railway Line 1 at 6:45, Hans is there as promised; first disappointment about the schedule: we realize that there is no express train available at all, but rather only a sped-up passenger train; we manage to find seats in second class. — Kirchberg! No second breakfast available! Have a look at the only room worth taking; without revealing who we are, we hear details from the restaurant proprietor, which are rather uninviting. She says we can't get butter or eggs for breakfast, she can't offer anything at all at teatime, etc. We don't eat badly at all at midday, but likely not in sufficient quantity, especially since there is no cake. After lunch our second disappointment over the schedule: the next train doesn't depart until around 6:30 in the evening – so we have little choice but to take a walk, enjoying the very nice weather, in the hopes that we will end up somewhere where we can eat something or at least buy something to eat. Thus, walking from station to station, we reach Mainburg, after having enjoyed a black coffee at an earlier stop. At the train stop, we enter into conversation at first with a local, who describes the sad conditions, and then with an apparently wealthy lady, who, as she tells us, has brought a few items from Vienna to her sick daughter, who is in the hospital. She also complains about the poor behavior of the farmers, who don't want to give away anything. In St. Pölten we board the waiting passenger train; as we were waiting, a second train also bound for Vienna arrived; after some inquiry, we change trains in order to arrive earlier. Home at 11:00, eat dinner and stay over at Lie-Liechen's. —© Translation Scott Witmer. |
22. 15°, heftiger Gewitterregen, gegen Mittag Aufheiterung.
— Um 4h früh auf, treffen bei der Westbahn 1 um ¾7h ein, wo auch Hans versprochenermaßen sich eingefunden; erste Enttäuschung über den Fahrplan: es stellt sich heraus, daß uns ein Schnellzug überhaupt nicht zur Verfügung steht, nur ein beschleunigter Personenzug; es gelingt uns, in der II. Klasse zu Plätzen zu kommen. — Kirchberg! Kein zweites Frühstück erhältlich! Besichtigen das einzige in Frage kommende Zimmer; erfahren von der Wirtin, ohne uns zu verraten, die näheren Verhältnisse, die durchaus nicht einladend sind. Butter u. Eier seien nicht zu haben, zum Frühstück, zur Jause könnte sie nichts geben usw. Wir essen zu Mittag nicht gerade schlecht, wohl aber quantitativ unzureichend, besonders auch darum, weil keine Mehlspeise da ist. Nach Tisch zweite Enttäuschung über den Fahrplan: der nächste Zug gehe erst gegen ½7h abends – wir treten daher aus Not einen Spaziergang an, bei bestem Wetter u. in der Hoffnung, irgendwo zu landen, wo wir etwas zu uns nehmen oder uns zumindest mit einem Vorrat versehen könnten. So, von Station zu Station wandernd, gelangen wir bis Mainburg, nachdem wir an einer früheren Stelle einen schwarzen Café genossen hatten. Bei der Haltestelle lassen wir uns in Gespräche ein zunächst mit einer Einheimischen, die uns die traurige Verhältnisse darlegt, dann mit einer offenbar wohlhabenden Dame, die, wie sie uns erzählt, einiges aus Wien für ihre in einer Anstalt weilende kranke Tochter mitgebracht hat. Auch diese klagt über das schlechte Betragen der Bauern, die nichts hergeben wollen. In St. Pölten steigen wir in den bereitstehenden Personenzug ein; während wir saßen kam ein zweiter ebenfalls für Wien bestimmter Zug; nach einigen Erkundigungen steigen wir um, um früher anzukommen. Um 11h zuhause, nehmen das Abendessen ein, bleibe auch bei Lie-Liechen. —© Transcription Marko Deisinger. |
22 15°, heavy thundershowers, clearing up around noon.
— Get up at 4 a.m., at the West Railway Line 1 at 6:45, Hans is there as promised; first disappointment about the schedule: we realize that there is no express train available at all, but rather only a sped-up passenger train; we manage to find seats in second class. — Kirchberg! No second breakfast available! Have a look at the only room worth taking; without revealing who we are, we hear details from the restaurant proprietor, which are rather uninviting. She says we can't get butter or eggs for breakfast, she can't offer anything at all at teatime, etc. We don't eat badly at all at midday, but likely not in sufficient quantity, especially since there is no cake. After lunch our second disappointment over the schedule: the next train doesn't depart until around 6:30 in the evening – so we have little choice but to take a walk, enjoying the very nice weather, in the hopes that we will end up somewhere where we can eat something or at least buy something to eat. Thus, walking from station to station, we reach Mainburg, after having enjoyed a black coffee at an earlier stop. At the train stop, we enter into conversation at first with a local, who describes the sad conditions, and then with an apparently wealthy lady, who, as she tells us, has brought a few items from Vienna to her sick daughter, who is in the hospital. She also complains about the poor behavior of the farmers, who don't want to give away anything. In St. Pölten we board the waiting passenger train; as we were waiting, a second train also bound for Vienna arrived; after some inquiry, we change trains in order to arrive earlier. Home at 11:00, eat dinner and stay over at Lie-Liechen's. —© Translation Scott Witmer. |
Footnotes1 The starting and ending point of the Austrian Western Railway Line is the Westbahnhof. |