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[envelope]
{recto}
HOFRAT LUDWIG KARPATH
WIEN IV., PRINZ EUGENSTRASSE 16

[An: ] Dr. Heinrich Schenker
Wien III.,
Keilgasse 8.

bzw. Violin

[postmark:] || 4 WIEN 50 | 23.X.31 13 | *4g * ||

[letter]

HOFRAT LUDWIG KARPATH
WIEN, IV., PRINZ EUGENSTRASSE 16
TELEPHON: U-49-0-61
Wien, den 23. Oktober 1931.

Lieber Freund Schenker! 1

Wo leben Sie? 2 Es scheint, dass Sie so sehr in Ihre Arbeiten eingesponnen sind, (recht haben Sie!) dass Sie nicht einmal wissen, dass ich seit vielen Jahren keine Musikreferate mehr schreibe. Wahrscheinlich lesen Sie keine Zeitungen, was ebenfalls sehr vernünftig ist. Ich lebe nunmehr als freier Schriftsteller, muss aber leider Zeitungen doch noch lesen, weil ich seit neun Jahren als Kunstbeirat des Unterrichtsministers tätig bin. Das scheint Ihnen nun doch bekannt zu sein, denn sonst würden Sie sich wohl kaum in der Angelegenheit unseres gemeinsamen Freundes Violin, von dem ich seit tausend Jahren nichts gehört habe, an mich gewendet haben. Das, was da beanständet wird, was Sie mir über Violins Klageruf schreiben, ist barer Unsinn. Natürlich wurde jeder, der am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde (an der heutigen Staatsakademie) wirkte, mit „Herr Professor“ angesprochen. Es hab gab auch keinen einzigen Lehrer, der dagegen protestiert hätte, weil er sich sonst eine Tafel hätte umhängen müssen mit der Aufschrift: „Ich bin noch nicht Professor, sondern nur Lehrer“. Ich weiss aus Erfahrung, dass selbst die verstorbenen Konservatoriumsdirektoren Perger und Bopp jede einzelne Lehrkraft mit „Herr Professor“ titulierten, obwohl sie doch selber am besten wissen mussten, dass mit dem Professorstitel nicht ausgestatteten Lehrkräften der Professorstitel nicht gebührte. Diese Tatsache erklärt sich eben aus einer allgemein befolgten Uebung, die bei niemandem Anstoss erregte, da ja endlich und schliesslich jeder Lehrer nach einigen Jahren der Tätigkeit, fast möchte ich sagen, automatisch zum Professor ernannt wurde. Nun erst die Anrede von Seite der Schüler! Es wäre fast komisch gewesen, wenn die Schüler anstatt „Herr Professor“ „Herr Lehrer“ gesagt hätten. Auch bin ich überzeugt, dass den Schülern {2} der einfache Tatbestand, dass es an der Anstalt ernannte Professoren und dann auch nur Lehrer gab, gar nicht bekannt war. Wenn Sie also der Meinung sind, dass es zu jener Zeit allgemein üblich war, jeden am Konservatorium oder an der späteren Akademie unterrichtenden Lehrer mit „Herr Professor“ anzusprechen, so pflichte ich dieser Meinung vollständig bei. 3

Sollte ich im Unterrichtsministerium darüber befragt werden, (die Sektion ist ja heute mit ganz neuen Leuten besetzt), so würde ich selbstverständlich dieselbe Auskunft geben, die ich Ihnen hiermit erteile. Ich habe nichts dagegen, dass Sie diese meine Ausführungen in zweckentsprechender Weise verwenden, bloss in Zeitungen möchte ich nicht gerne genannt sein, weil ich hiezu erst die Erlaubnis meines Ministers einholen müsste. 4


Mit den schönsten Grüssen
Ihr in alter Freundschaft ergebener
[signed:] Ludwig Karpath

© Transcription Martin Eybl, 2013

[envelope]
{recto}
COURT COUNSELOR LUDWIG KARPATH
VIENNA IV, PRINZ EUGENSTRASSE 16

[To: ] Dr. Heinrich Schenker
Vienna III,
Keilgasse 8

re: Violin

[postmark:] || 4 VIENNA 50 | 23.X.31 13 | *4g * ||

[letter]

COURT COUNSELOR LUDWIG KARPATH
VIENNA IV, PRINZ EUGENSTRASSE 16
TELEPHONE: U-49-0-61
Vienna, October 23, 1931

Dear friend Schenker, 1

Are you so out of touch with the world? 2 It seems you are so wrapped up in your own works (and you are right to be!) that you are not even aware that I gave up writing music reviews many years ago. In all probability you don't read any newspapers, which is very sensible. Nowadays I make my living as a freelance writer; but alas I still have to read newspapers, because for the past nine years I have served as Adviser on the Arts to the Minister for Education. Evidently you do already know that, for otherwise you would surely hardly have turned to me on the matter of our mutual friend Violin, from whom I have not heard in a million years. What Violin is complaining about, in his cry of anguish about which you write to me, is sheer nonsense. Naturally, anyone who worked at the Conservatory of the Society of the Friends of Music (at what is today the State Academy) would be referred to as "Herr Professor." There was not a single teacher who would have protested against it, because he would have had to hang a placard around his neck saying "I am not yet a professor, just a teacher." I know from experience that even the deceased conservatory Directors Perger and Bopp addressed every individual teacher as "Herr Professor," though they themselves must have known better than anyone else that teachers to whom the title "Professor" had not been formally granted were not as of right accorded the professorial title. This can be accounted for as a generally observed practice, to which no one took exception, since in fact ultimately every teacher after a few years' service was, I might almost say automatically, nominated as a professor. Then there is the mode of address on the part of the students! It would have been almost comical if the students, instead of saying "Herr Professor," had said "Herr Lehrer"! Indeed, I am pretty sure that {2} the simple fact that there existed both professors appointed to that rank and also mere teachers was completely unknown to the students. Thus if you are of the opinion that at that time it was the general practice to address all teachers giving instruction at the Conservatory or the later Academy as "Herr Professor," then I would entirely go along with that view. 3

Were I to be asked this in the Ministry of Education (the section is today entirely filled with new people), I would automatically give the answer that I have given here. I would have no objection to your using these remarks of mine in a suitable fashion; I would just prefer not to be cited in newspapers because I would first have to obtain the permission of my Minister. 4


With most cordial greetings,
Yours truly in old friendship,
[signed:] Ludwig Karpath

© Translation Ian Bent, 2016

[envelope]
{recto}
HOFRAT LUDWIG KARPATH
WIEN IV., PRINZ EUGENSTRASSE 16

[An: ] Dr. Heinrich Schenker
Wien III.,
Keilgasse 8.

bzw. Violin

[postmark:] || 4 WIEN 50 | 23.X.31 13 | *4g * ||

[letter]

HOFRAT LUDWIG KARPATH
WIEN, IV., PRINZ EUGENSTRASSE 16
TELEPHON: U-49-0-61
Wien, den 23. Oktober 1931.

Lieber Freund Schenker! 1

Wo leben Sie? 2 Es scheint, dass Sie so sehr in Ihre Arbeiten eingesponnen sind, (recht haben Sie!) dass Sie nicht einmal wissen, dass ich seit vielen Jahren keine Musikreferate mehr schreibe. Wahrscheinlich lesen Sie keine Zeitungen, was ebenfalls sehr vernünftig ist. Ich lebe nunmehr als freier Schriftsteller, muss aber leider Zeitungen doch noch lesen, weil ich seit neun Jahren als Kunstbeirat des Unterrichtsministers tätig bin. Das scheint Ihnen nun doch bekannt zu sein, denn sonst würden Sie sich wohl kaum in der Angelegenheit unseres gemeinsamen Freundes Violin, von dem ich seit tausend Jahren nichts gehört habe, an mich gewendet haben. Das, was da beanständet wird, was Sie mir über Violins Klageruf schreiben, ist barer Unsinn. Natürlich wurde jeder, der am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde (an der heutigen Staatsakademie) wirkte, mit „Herr Professor“ angesprochen. Es hab gab auch keinen einzigen Lehrer, der dagegen protestiert hätte, weil er sich sonst eine Tafel hätte umhängen müssen mit der Aufschrift: „Ich bin noch nicht Professor, sondern nur Lehrer“. Ich weiss aus Erfahrung, dass selbst die verstorbenen Konservatoriumsdirektoren Perger und Bopp jede einzelne Lehrkraft mit „Herr Professor“ titulierten, obwohl sie doch selber am besten wissen mussten, dass mit dem Professorstitel nicht ausgestatteten Lehrkräften der Professorstitel nicht gebührte. Diese Tatsache erklärt sich eben aus einer allgemein befolgten Uebung, die bei niemandem Anstoss erregte, da ja endlich und schliesslich jeder Lehrer nach einigen Jahren der Tätigkeit, fast möchte ich sagen, automatisch zum Professor ernannt wurde. Nun erst die Anrede von Seite der Schüler! Es wäre fast komisch gewesen, wenn die Schüler anstatt „Herr Professor“ „Herr Lehrer“ gesagt hätten. Auch bin ich überzeugt, dass den Schülern {2} der einfache Tatbestand, dass es an der Anstalt ernannte Professoren und dann auch nur Lehrer gab, gar nicht bekannt war. Wenn Sie also der Meinung sind, dass es zu jener Zeit allgemein üblich war, jeden am Konservatorium oder an der späteren Akademie unterrichtenden Lehrer mit „Herr Professor“ anzusprechen, so pflichte ich dieser Meinung vollständig bei. 3

Sollte ich im Unterrichtsministerium darüber befragt werden, (die Sektion ist ja heute mit ganz neuen Leuten besetzt), so würde ich selbstverständlich dieselbe Auskunft geben, die ich Ihnen hiermit erteile. Ich habe nichts dagegen, dass Sie diese meine Ausführungen in zweckentsprechender Weise verwenden, bloss in Zeitungen möchte ich nicht gerne genannt sein, weil ich hiezu erst die Erlaubnis meines Ministers einholen müsste. 4


Mit den schönsten Grüssen
Ihr in alter Freundschaft ergebener
[signed:] Ludwig Karpath

© Transcription Martin Eybl, 2013

[envelope]
{recto}
COURT COUNSELOR LUDWIG KARPATH
VIENNA IV, PRINZ EUGENSTRASSE 16

[To: ] Dr. Heinrich Schenker
Vienna III,
Keilgasse 8

re: Violin

[postmark:] || 4 VIENNA 50 | 23.X.31 13 | *4g * ||

[letter]

COURT COUNSELOR LUDWIG KARPATH
VIENNA IV, PRINZ EUGENSTRASSE 16
TELEPHONE: U-49-0-61
Vienna, October 23, 1931

Dear friend Schenker, 1

Are you so out of touch with the world? 2 It seems you are so wrapped up in your own works (and you are right to be!) that you are not even aware that I gave up writing music reviews many years ago. In all probability you don't read any newspapers, which is very sensible. Nowadays I make my living as a freelance writer; but alas I still have to read newspapers, because for the past nine years I have served as Adviser on the Arts to the Minister for Education. Evidently you do already know that, for otherwise you would surely hardly have turned to me on the matter of our mutual friend Violin, from whom I have not heard in a million years. What Violin is complaining about, in his cry of anguish about which you write to me, is sheer nonsense. Naturally, anyone who worked at the Conservatory of the Society of the Friends of Music (at what is today the State Academy) would be referred to as "Herr Professor." There was not a single teacher who would have protested against it, because he would have had to hang a placard around his neck saying "I am not yet a professor, just a teacher." I know from experience that even the deceased conservatory Directors Perger and Bopp addressed every individual teacher as "Herr Professor," though they themselves must have known better than anyone else that teachers to whom the title "Professor" had not been formally granted were not as of right accorded the professorial title. This can be accounted for as a generally observed practice, to which no one took exception, since in fact ultimately every teacher after a few years' service was, I might almost say automatically, nominated as a professor. Then there is the mode of address on the part of the students! It would have been almost comical if the students, instead of saying "Herr Professor," had said "Herr Lehrer"! Indeed, I am pretty sure that {2} the simple fact that there existed both professors appointed to that rank and also mere teachers was completely unknown to the students. Thus if you are of the opinion that at that time it was the general practice to address all teachers giving instruction at the Conservatory or the later Academy as "Herr Professor," then I would entirely go along with that view. 3

Were I to be asked this in the Ministry of Education (the section is today entirely filled with new people), I would automatically give the answer that I have given here. I would have no objection to your using these remarks of mine in a suitable fashion; I would just prefer not to be cited in newspapers because I would first have to obtain the permission of my Minister. 4


With most cordial greetings,
Yours truly in old friendship,
[signed:] Ludwig Karpath

© Translation Ian Bent, 2016

Footnotes

1 Receipt of this letter and other occurrences are recorded in Schenker's diary at OJ 4/5, p. 3672, October 23, 1931: "Telephongespräch mit Karpath, [...] — Von Karpath (Br.): treffend, wirksam? — An Violin (Br.): schicke ihm K.s Brief" ("Telephone conversation with Karpath, [...] — From Karpath (letter): to the point, effective? — To Violin (letter): I send him Karpath's letter.")

2 The letter to which this responds is recorded in Schenker's diary at OJ 4/5, p. 3671, October 21, 1931: "Von Floriz (Brief expreß): vielleicht eine Bestätigung des „Usus“ zu haben? — An Karpath (Br. expreß): pflichte Floriz bei: es ist ein Unterschied zwischen Kellnern u. Dirnen u. Menschen aus unseren Kreisen, wenn sie den Titel „Professor“ beilegen! Warum eine „Gewerbeordnung“ nur in der Musik, nicht in der Dichtkunst? Und ich? Mein Titel „Professor“ ist doch korrekt, ich habe mich selbst schwer genug „geprüft“ (Höchstens Ehrendoktor!); vielleicht schreibt Wiener ein Wort über den „Usus“. ("From Floriz (express letter): perhaps he could have a confirmation of what is 'common practice'? — To Karpath (express letter): I concur with Floriz: there is a difference between waiters and prostitutes on the one hand, and people from our circles on the other, when they attach the title 'Professor'! Why is there a 'professional ordering' only in music, and not in poetry? And myself? My title 'Professor' is surely correct: I have 'proved' myself sufficiently. (At most, 'honorary doctor'!); perhaps Wiener would write a word [of clarification] about the 'common practice.'").

3 Violin, to whom Schenker sent Karpath's letter, responded by referring to 'the stupidity over titles' as 'incomprehensibly tragic' (letter of November 4, 1931).

4 The self-declared anti-Semite Emmerich Czermak (1885‒1965), a member of the Christian Social Party, was Minister of Education in three Christian-Social-led governments between September 1930 and May 1932.

Commentary

Format
2p letter: printed sender address, typewritten salutation, message, and valediction, holograph signature; envelope: printed sender address, typewritten recipient address, handwritten annotation recto, verso blank
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-c.1942)--Ratz, Erwin (c.1942-c.1955)--Jonas, Oswald (c.1955-1978)--University of California, Riverside (1978--)
Rights Holder
Heirs of Ludwig Karpath
License
Permission to publish being sought. Any claim to intellectual rights should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence [at] mus (dot) cam (dot) ac (dot) uk.

Digital version created: 2016-06-17
Last updated: 2010-05-16