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[envelope]
{recto}
Wohlgeboren Frau Dr. Lie-Lie Schenker
in Wien
IV. Schwindgasse 4/2
[postmark:] || SIRET | 24 NOV 938 ||

Antw.
22. I. 39

{verso} [blank]

[Letter]

Siret am 24. Nov. 938

Meine teuerste Schwägerin! 1

Kannst dir kaum vorstellen wie mich dein l. Brief 2 überrascht hat! Deine Schriftzüge nur zu sehen, diese Freude die du nur damit bereitet hast. – – natürlich hat mich der Inhalt sehr schmerzlich berührt. – Ich wähnte dich längst wieder bei deinem Bruder. 3 – Ich habe seinerzeit deinen Brief unbeantwortet gelassen, mein Alter hat den vorigen ganzen Winter an furchtbaren Rückenschmerzen gelitten, im Frühjahr war es so arg, dass er gar nicht ausgehen konnte.

Nun kamen im Juni alle Kinder, man beschloss nach Dorna zu fahren. Frieda u. Kinder 4 blieben bei uns und wir sind für einen Monat hingefahren.

{2} Die Moorbäder kombinirt mit Kohlensäure haben ihm gut getan, er geht jetzt gottlob aus, hat sehr selten noch Schmerzen. Auch mit den Augen geht's ihm gut. Als wir fortfuhren, vergass ich deine Adresse mitzunehmen, deine herrlichen Briefe halte ich wohlverwahrt, und meine Frieda hatte nicht den Schlüssel. Als wir nachhause kamen, es war 18 September, war schon zu spät dir zu schreiben; ich wandte mich an den Anwalt Dr. Goldschläger. Kennst ihn doch? er soll mir deine Adresse eruiren. Er schickte mir von einem Auskunftsbüro deine Adresse: Reichsratsstrasse Nr 7, III Stock. 5 Ich schrieb sofort einen Brief hin, bis auf den heutigen Tag kein Antwort. An wen konnte ich mich jetzt wenden? Wahrscheinlich giebt es noch einen Schenker

{3} Meinen beiden Brüdern geht es jetzt am besten. – Dem l. Wilhelm schreibe ich auch ein paar Zeilen, er hat ja sonst nie an uns gedacht. – Ja, der arme Heinrich, wenn er wüsste was du mitmachst! Schau, dass du dir die Augen erhälst. Ach wenn wir dir helfen könnten!

Der Oskar hat stets gebeten, wir sollen Euch hernehmen!! Meiner Frieda geht's jetzt so ziemlich, man kämpft geschäftlich, aber ihre Mäderl sind sehr herzig, mein grösstes Vergnügen auf der Welt sind diese Enkerl, und die hängen auch an ihrer Omama. Julko benimmt sich sehr, sehr schön. Gott soll nur geben gute Zeiten – – –

Dem Hansi geht es auch gut, aber er hat eine sehr mondaine Frau, die sehr viel verbraucht. Er hat ein reizendes Mäderl von 6 Jahren, 6 {4} die wir leider nicht kennen. Wir hätten hinfahren sollen, natürlich jetzt keine Rede mehr davon. 7

Ich halte mich noch stramm, aber meine Nerven – – – viele, viele schlaflose Nächte verbrachte ich – – – Gott möge helfen, wir sollen noch von dir gute Nachrichten bekommen. – Mein Alter lässt dir herzlichste Grüsse übersenden.


Dich küsst viel – vielmals
herzlichst
deine dich liebende
[signed:] Sophie

Wenn ich dir etwas Gutes schicken dürfte?

© Transcription Ian Bent, 2008, 2024


[Envelope]
{recto}
Mrs. Lie-Lie Schenker
in Vienna IV
Schwindgasse 4/2
[postmark:] || SIRET | 24 NOV 938 ||

Reply
January 22, 1939

{verso} [blank]

[Letter]

Siret, November 24, 1938

My dearest sister-in-law, 1

You can hardly imagine what a surprise your dear letter 2 gave me! Just to see your handwriting, with that alone you gave me such pleasure! Needless to say, I found its contents deeply distressing. – I fancied that you had long been back with your brother. 3 – I left your letter unanswered at the time; my old man suffered terrible back pain the whole of last winter; in the spring it was so bad he couldn't go out at all.

In June, all the children came; it was decided [that we should] go to Dorna. Frieda and the children 4 stayed at our place, and we went off for a month.

{2} The mud baths combined with carbon-dioxide have done him good; thank God, he now gets out, and only very occasionally has pain. His eyes are all right, as well. When we were leaving, I forgot to pick up your address; I keep your splendid letters safely tucked away, and my Frieda didn't have the key. By the time we got back home it was September 18; it was already too late to write to you, so I resorted to Dr. Goldschläger, the attorney. Do you know him at all? He was to find out your address for me. He sent me your address from an information bureau: Reichsratsstrasse No. 7, 3rd floor. 5 I wrote a letter immediately, but up to today have not received a reply. Who else could I turn to? Presumably there is still a Schenker.

{3} Everything is going swimmingly now with my two brothers. – I even drop a line or two to dear Wilhelm, otherwise he certainly never thinks of us. – Yes, poor Heinrich: if only he knew what you have to put up with! Make sure that you take care of your eyes. Ah, if only we could help you!

Oskar has been constantly asking why we don't bring you here!! Things are going reasonably well with my Frieda, now; the business is a struggle, but her little girls are real dears; these grand-daughters are the greatest joy of my life, and they are even fond of their Grannie. Julko is getting on very, very well. If only God would bring good times . . .

Things are well with Hansi, too, but he has an extremely fashion-conscious wife who is very, very highly-strung. He has a charming little girl of six, 6 whom {4} alas we do not know. We were going to go there, but of course that is out of the question now. 7

I still keep myself up-to-scratch, but my nerves – – – I have had many, many sleepless nights – – – God willing, we may yet get some good news from you. – My old man asks me to send his cordial greetings.


Many, many kisses,
Most cordially
from your loving
[signed:] Sophie

Is there anything nice you would like me to send you?

© Translation Ian Bent, 2008, 2024


[envelope]
{recto}
Wohlgeboren Frau Dr. Lie-Lie Schenker
in Wien
IV. Schwindgasse 4/2
[postmark:] || SIRET | 24 NOV 938 ||

Antw.
22. I. 39

{verso} [blank]

[Letter]

Siret am 24. Nov. 938

Meine teuerste Schwägerin! 1

Kannst dir kaum vorstellen wie mich dein l. Brief 2 überrascht hat! Deine Schriftzüge nur zu sehen, diese Freude die du nur damit bereitet hast. – – natürlich hat mich der Inhalt sehr schmerzlich berührt. – Ich wähnte dich längst wieder bei deinem Bruder. 3 – Ich habe seinerzeit deinen Brief unbeantwortet gelassen, mein Alter hat den vorigen ganzen Winter an furchtbaren Rückenschmerzen gelitten, im Frühjahr war es so arg, dass er gar nicht ausgehen konnte.

Nun kamen im Juni alle Kinder, man beschloss nach Dorna zu fahren. Frieda u. Kinder 4 blieben bei uns und wir sind für einen Monat hingefahren.

{2} Die Moorbäder kombinirt mit Kohlensäure haben ihm gut getan, er geht jetzt gottlob aus, hat sehr selten noch Schmerzen. Auch mit den Augen geht's ihm gut. Als wir fortfuhren, vergass ich deine Adresse mitzunehmen, deine herrlichen Briefe halte ich wohlverwahrt, und meine Frieda hatte nicht den Schlüssel. Als wir nachhause kamen, es war 18 September, war schon zu spät dir zu schreiben; ich wandte mich an den Anwalt Dr. Goldschläger. Kennst ihn doch? er soll mir deine Adresse eruiren. Er schickte mir von einem Auskunftsbüro deine Adresse: Reichsratsstrasse Nr 7, III Stock. 5 Ich schrieb sofort einen Brief hin, bis auf den heutigen Tag kein Antwort. An wen konnte ich mich jetzt wenden? Wahrscheinlich giebt es noch einen Schenker

{3} Meinen beiden Brüdern geht es jetzt am besten. – Dem l. Wilhelm schreibe ich auch ein paar Zeilen, er hat ja sonst nie an uns gedacht. – Ja, der arme Heinrich, wenn er wüsste was du mitmachst! Schau, dass du dir die Augen erhälst. Ach wenn wir dir helfen könnten!

Der Oskar hat stets gebeten, wir sollen Euch hernehmen!! Meiner Frieda geht's jetzt so ziemlich, man kämpft geschäftlich, aber ihre Mäderl sind sehr herzig, mein grösstes Vergnügen auf der Welt sind diese Enkerl, und die hängen auch an ihrer Omama. Julko benimmt sich sehr, sehr schön. Gott soll nur geben gute Zeiten – – –

Dem Hansi geht es auch gut, aber er hat eine sehr mondaine Frau, die sehr viel verbraucht. Er hat ein reizendes Mäderl von 6 Jahren, 6 {4} die wir leider nicht kennen. Wir hätten hinfahren sollen, natürlich jetzt keine Rede mehr davon. 7

Ich halte mich noch stramm, aber meine Nerven – – – viele, viele schlaflose Nächte verbrachte ich – – – Gott möge helfen, wir sollen noch von dir gute Nachrichten bekommen. – Mein Alter lässt dir herzlichste Grüsse übersenden.


Dich küsst viel – vielmals
herzlichst
deine dich liebende
[signed:] Sophie

Wenn ich dir etwas Gutes schicken dürfte?

© Transcription Ian Bent, 2008, 2024


[Envelope]
{recto}
Mrs. Lie-Lie Schenker
in Vienna IV
Schwindgasse 4/2
[postmark:] || SIRET | 24 NOV 938 ||

Reply
January 22, 1939

{verso} [blank]

[Letter]

Siret, November 24, 1938

My dearest sister-in-law, 1

You can hardly imagine what a surprise your dear letter 2 gave me! Just to see your handwriting, with that alone you gave me such pleasure! Needless to say, I found its contents deeply distressing. – I fancied that you had long been back with your brother. 3 – I left your letter unanswered at the time; my old man suffered terrible back pain the whole of last winter; in the spring it was so bad he couldn't go out at all.

In June, all the children came; it was decided [that we should] go to Dorna. Frieda and the children 4 stayed at our place, and we went off for a month.

{2} The mud baths combined with carbon-dioxide have done him good; thank God, he now gets out, and only very occasionally has pain. His eyes are all right, as well. When we were leaving, I forgot to pick up your address; I keep your splendid letters safely tucked away, and my Frieda didn't have the key. By the time we got back home it was September 18; it was already too late to write to you, so I resorted to Dr. Goldschläger, the attorney. Do you know him at all? He was to find out your address for me. He sent me your address from an information bureau: Reichsratsstrasse No. 7, 3rd floor. 5 I wrote a letter immediately, but up to today have not received a reply. Who else could I turn to? Presumably there is still a Schenker.

{3} Everything is going swimmingly now with my two brothers. – I even drop a line or two to dear Wilhelm, otherwise he certainly never thinks of us. – Yes, poor Heinrich: if only he knew what you have to put up with! Make sure that you take care of your eyes. Ah, if only we could help you!

Oskar has been constantly asking why we don't bring you here!! Things are going reasonably well with my Frieda, now; the business is a struggle, but her little girls are real dears; these grand-daughters are the greatest joy of my life, and they are even fond of their Grannie. Julko is getting on very, very well. If only God would bring good times . . .

Things are well with Hansi, too, but he has an extremely fashion-conscious wife who is very, very highly-strung. He has a charming little girl of six, 6 whom {4} alas we do not know. We were going to go there, but of course that is out of the question now. 7

I still keep myself up-to-scratch, but my nerves – – – I have had many, many sleepless nights – – – God willing, we may yet get some good news from you. – My old man asks me to send his cordial greetings.


Many, many kisses,
Most cordially
from your loving
[signed:] Sophie

Is there anything nice you would like me to send you?

© Translation Ian Bent, 2008, 2024

Footnotes

1 Some of the paragraph-breaks here are editorial.

2 No letters from Jeanette to Sophie are known to survive. We know from the envelope of OJ 11/31, [1] that Jeanette wrote to Sophie on March 22, 1938, and again on November 20, 1938.

3 Jeanette's brothers were Victor, Paul, and Louis, of whom Victor lived in Chile; Jeanette travelled to Chile in 1936 (OJ 37/9) to visit him.

4 i.e. the children of Frieda and Oskar Fränkl: Hilde and Edith, Sophie's grandchildren.

5 This was the address to which she had previously sent OJ 11/31, [1].

6 Born in November 1932, name unknown.

7 i.e. with the outbreak of World War 2 on September 1.

Commentary

Format
4p letter (Bogen format): letter: holograph salutation, message, valediction, signature, and postscript; envelope: holograph recipient address with annotation in hand of recipient, and postmark, recto; verso blank
Provenance
Schenker, Heinrich (document date‒1935)—Schenker, Jeanette (1935‒1938)—Oster, Ernst (1938‒c.1939)—New York Public Library (c.1939‒)
Rights Holder
Heirs of Sophie Guttman, deemed to be in the public domain.
License
All reasonable attempts have been made to identify heirs of Sophie Guttmann. This document is deemed to be in the public domain. Any claim to intellectual rights should be addressed to the Schenker Correspondence Project, Faculty of Music, University of Cambridge, at schenkercorrespondence[at]mus(dot)cam(dot)ac(dot)uk.

Digital version created: 2024-03-13
Last updated: 2011-09-23